Nachhaltigkeit in der Textilindustrie: Trend oder langfristige Änderung der Gewohnheiten?
Hintergrund
In den 1980er Jahren begannen die großen Unternehmen der Modeindustrie aus Kostengründen, ihre Kleidung in Ländern der “Dritten Welt”, wie sie damals genannt wurden, herstellen zu lassen. Dies könnte grundsätzlich eine attraktive Beschäftigungsmöglichkeit für viele Menschen sein, doch die Umsetzung verlief bisher mehr als mangelhaft. Die Modeindustrie nutzte das niedrige Niveau der Beschäftigungsfähigkeit in diesen Ländern aus und zahlte den Arbeitern jeweils nur den Mindestlohn. Die Arbeitsrechte wurden oft nicht respektiert, wie z. B. eine Arbeitszeit von nicht mehr als acht Stunden oder eine Krankenversicherung, und auch die prekären Infrastrukturbedingungen, unter denen die Angestellten arbeiten mussten, waren bedenklich. Damals wurde das Thema in der westlichen Gesellschaft nicht diskutiert, und die Menschen kauften einfach Kleidung in Kaufhäusern, ohne zu wissen, unter welchen Bedingungen ihre Kleidung hergestellt wurde.
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Vor zehn Jahren hat die Tragödie des Einsturzes von Rana Plaza in Bangladesch diese unglückliche Realität in der Textilindustrie deutlich gemacht. Rana Plaza war ein achtstöckiges Gebäude, in dem hauptsächlich Textilfabriken untergebracht waren. Die Tragödie forderte mehr als 1.120 Tote und über 2.500 Verletzte. Aber auch in Lateinamerika sind die Arbeitsbedingungen in der Textilbranche alles andere als gut. In Ländern wie Nicaragua, Honduras, Guatemala oder El Salvador gibt es die berühmten “Freihandelszonen” oder, wie die Branche sie nennt, “Sonderwirtschaftszonen”, in denen die Arbeitsvorschriften weniger streng sind als in den Industrieländern, es gibt Steueranreize und natürlich billige, nicht gewerkschaftlich organisierte Arbeitskräfte.
Soziales und ökologisches Problem
Diese unglückliche Situation ist nicht nur ein soziales Problem, sondern auch ein ökologisches. Die Auftraggeber können ihre Waren aufgrund der billigen Arbeitskräfte im Westen zu Tiefstpreisen anbieten, so dass Kleider bereits für nur 4 Euro oder den entsprechenden Gegenwert (je nach Wechselkurs) zu haben sind. Geschäfte mit Billigmode sprießen wie Pilze aus dem Boden und sind äußerst beliebt. Sie bieten der Bevölkerung Zugang zu günstigster Kleidung, und so entsteht “Fast Fashion” oder “schnelle Mode”, bei der nicht mehr daran gedacht wird, saisonale Kollektionen zu produzieren. Das einzige Ziel besteht darin, so viel wie möglich zu niedrigen Kosten zu produzieren, um so viel wie möglich zu verkaufen. Ein lukratives Geschäft mit Massenware. Wurden im Jahr 2000 noch 50 Milliarden Kleidungsstücke produziert, so sind es heute, nur 20 Jahre später, doppelt so viele. Diese Billigproduktion mindert die Qualität der Produkte und macht sie zu Wegwerfartikeln. Wie wir alle wissen, wirkt sich jedes Produkt, das schnell weggeworfen wird, durch die Menge der verbrauchten Ressourcen direkt auf die Umwelt aus.
Die Herstellung von Stoffen und Kleidungsstücken ist aufgrund der giftigen Abfälle, die durch industrielle Farbstoffe entstehen, und des hohen Wasserverbrauchs, sehr umweltbelastend. Nach Angaben der UN-Umweltbehörde werden für die Herstellung einer Jeans 7.500 Liter Wasser benötigt, eine Menge, die den Durst eines Menschen sieben Jahre lang stillen würde.
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Gemäß der UN-Umweltorganisation und der Ellen MacArthur Foundation verbraucht die Textilindustrie jedes Jahr 93 Milliarden Kubikmeter Wasser, eine Menge, die den Wasserbedarf von 5 Millionen Menschen decken könnte. Andererseits stammen 20 % des weltweiten Abwassers aus der Textilfärberei und -behandlung. Aus den Daten geht außerdem hervor, dass 87 % der für die Herstellung von Kleidungsstücken verwendeten Fasern verbrannt oder deponiert und 60 % weggeworfen werden, bevor sie ein Jahr lang getragen worden sind. Dieser Sektor verursacht 10 % der weltweiten Kohlenstoffemissionen, und eine halbe Million Tonnen Mikrofasern werden jedes Jahr ins Meer gekippt, was 50 Milliarden Plastikflaschen entspricht. Das Problem dabei ist, dass die Mikrofasern nicht aus dem Wasser entfernt werden können und die Nahrungskette beeinträchtigen.
Trends in der Mode
Die Textilindustrie stellt also nicht nur ein soziales, sondern auch ein ökologisches Problem dar, weshalb das Thema Nachhaltigkeit in diesem Sektor in den 2000er Jahren an Bedeutung gewann.
Heute verpflichten sich bekannte Modemarken, in der gesamten Wertschöpfungskette gute soziale und ökologische Praktiken anzuwenden. Lokale Marken in jeder Region engagieren sich ebenfalls für den Umweltschutz. Sie konzentrieren sich auf die Verwendung von natürlichen Rohstoffen für Fasern und Farbstoffe sowie auf die Verwendung von Recyclingmaterial.
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Diese Marken müssen dem Verbraucher auch Vertrauen vermitteln. Es reicht nicht aus, zu sagen, dass sie nachhaltig sind, sie müssen es beweisen. Es gibt viele Unternehmen, die das berühmte “Greenwashing” betreiben, d. h. den Anschein erwecken wollen, nachhaltig und umweltfreundlich zu sein, obwohl sie es in Wirklichkeit nicht sind.
Herausforderungen für die Textilindustrie und die Rolle des Verbrauchers
Eine der größten Herausforderungen für die nachhaltige Textilindustrie sind die Kosten. Die Hauptprämisse nachhaltiger Mode ist es, den Preis, das Design und die Qualität von Kleidungsstücken beizubehalten und gleichzeitig umweltfreundlich zu sein. Die Preise für Fast-Fashion-Kleidung liegen jedoch immer noch weit unter den Preisen für nachhaltige Mode, so dass die große Herausforderung darin besteht, die Verbraucher davon zu überzeugen, “mehr auszugeben und weniger zu konsumieren”. Denn billig ist in diesem Fall teuer, da minderwertige Kleidung schnell weggeworfen werden muss, was bedeutet, dass die Konsumenten erneut für neue Kleidung bezahlen müssen. Viele Verbraucher realisieren das aber nicht. Vor Menschen mit geringem Einkommen, die ihre Konsumgewohnheiten wahrscheinlich nicht ändern werden.
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Das Ziel der nachhaltigen Mode ist es darum, das Bewusstsein der Verbraucher für die sozialen und ökologischen Schäden zu schärfen, die Fast Fashion mit sich bringt. Zu diesem Zweck muss der gesamte Sektor zusammenarbeiten, um Produkte anzubieten, die umweltfreundlich sind und die Wertschöpfungs- und Lieferkette respektieren. Doch auch wir Konsumenten müssen unsere Verantwortung wahrnehmen. Wir sollten nicht darauf warten, dass die Industrie die Arbeit allein erledigt, sondern wir müssen bereit sein, unsere Konsumgewohnheiten zu ändern, indem wir z. B. auf Qualität statt auf Quantität achten, uns für die Herkunft des Kleidungsstücks interessieren, nur das Nötigste kaufen und Kleidungsstücke, die nicht mehr in Mode sind, wiederverwenden oder umgestalten.
Die Industrie wiederum hat die Aufgabe, für Segmente mit tieferer Kaufkraft erschwingliche, aber umweltfreundliche Alternativen anzubieten.
Die Situation in Peru
Auf der Expotextil, die vom 3. bis 6. November letzten Jahres in Lima stattfand, wurde das wachsende Interesse der peruanischen Textilunternehmen an Initiativen zur Nachhaltigkeit deutlich – ein Bereich, in dem Peru vor allem dank privater Initiative große Fortschritte gemacht hat. Allerdings ist die Technologie in diesem Sektor der Schwachpunkt. Auf der Messe präsentierten die peruanischen Textilhersteller Innovationen wie die Verwendung von Farbstoffen aus Zwiebeln, Kurkuma und der berühmten Cochenille, die bereits seit der Eisenzeit für das Färben verwendet wird. Wie nicht anders zu erwarten, präsentierten sie auch Kleidungsstücke aus natürlichen Stoffen pflanzlichen Ursprungs wie Baumwolle und tierischen Ursprungs wie Alpaka und anderen in Peru heimischen Kameliden.
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Der große Wettbewerbsvorteil Perus im Bereich der tierischen Stoffe besteht darin, dass es in Peru etwa 5 Millionen Alpakas gibt, was 70 % der Weltbevölkerung entspricht. Außerdem wachsen in Peru verschiedene Baumwollsorten wie Tangüis, del cerro, áspero, Supima und Pima, wobei letztere als eine der besten der Welt gilt. Infolgedessen ist Peru zu einem wichtigen regionalen Textillieferanten geworden, aber das Land verfügt über keine große Eigenmarkenindustrie. Zufälligerweise sind es die Eigenmarken, die die Digitalisierung und den elektronischen Handel vorantreiben, ein Bereich, in dem das Land noch viel Optimierungspotenzial hat.
Schlussfolgerungen
- Insgesamt gesehen ist der Wandel in der Textilindustrie auf dem richtigen Weg. Es gibt aber noch viel zu tun und zu entwickeln, und es geht um weit mehr als nur Alternativen zu bieten. Von der Industrie wird jetzt erwartet, dass sie den Ansatz der Nachhaltigkeit standardisiert und gute Praktiken in Umwelt- und Sozialfragen anwendet. Auch die Rückverfolgbarkeit in der Wertschöpfungs- und Lieferkette ist dafür wichtig.
- Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Änderung der Gewohnheiten, die jeder von uns als Verbraucher vornehmen muss. Diese Änderung sollte sich nicht auf die Textilindustrie beschränken, sondern für unseren Konsum im Allgemeinen gelten. Wenn wir ein billiges Produkt sehen, sollten wir darüber nachdenken, warum es so wenig kostet und unter welchen Bedingungen es produziert worden ist.
- Was Peru betrifft, so hat das Land aufgrund seiner natürlichen Ressourcen und dem Heranwachsen neuer Unternehmergenerationen, die sich um die Anwendung bewährter, auf Nachhaltigkeit ausgerichteter Verfahren bemühen, Wettbewerbsvorteile. Allerdings muss das Land technologische Fortschritte machen, um auf dem Markt wettbewerbsfähiger zu werden.
- Bezüglich der Kosten muss der Textilunternehmer in einen nachhaltigen Herstellungsprozess investieren und diesen anschließend bei den Verbrauchern bekannt machen. Diese müssen verstehen, warum ein Produkt einen bestimmten Preis hat. Der Konsument muss lernen, ein Qualitätskleidungsstück zu schätzen, das den Anforderungen der Nachhaltigkeit entspricht.
Geschrieben von Mónica Valcárcel
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