Ist Deutschland ein Land der Entrepreneure?
Ist Deutschland ein Land der Entrepreneure?
Das RKW Kompetenzzentrum erforscht in Kooperation mit der Leibniz Universität Hannover Gründungen in Deutschland. Um eine Analyse im globalen Kontext zu ermöglichen, erhebt der Global Entrepreneurship Monitor (GEM) seit 25 Jahren Daten zu Gründungen in rund 50 Ländern. Für seinen Länderbericht 2023/2024 hat er 45 Länder analysiert.
Demnach liegt Deutschland im unteren Drittel dieser 45 Länder, die Länder mit den höchsten Gründungsraten sind die USA und die Niederlande. Die Gründungsquote in Deutschland liegt im Jahr 2023 bei 7,7 %. Dies ist der zweithöchste Wert, der seit 1999 jährlich ermittelt wurde. Von diesem Jahr bis 2018 lag die Rate im Durchschnitt bei 5 %. In den letzten Jahren ist diese Quote jedoch deutlich gestiegen. Im Jahr 2019 erreichte sie mit 7,6 % ein Allzeithoch und sank im darauffolgenden Jahr im Zuge der Pandemie auf 4,8 %. In den beiden Folgejahren stiegen die Raten trotz der Gesundheitskrise rasch an und erreichten 2022 mit 9,1 % einen neuen Höchststand.
Image by fabrikasimf on Freepik
Dominanz junger Gründer
Die Altersspanne der Gründer im Jahr 2023 ist aus der folgenden Tabelle ersichtlich:
Alterspanne | 18 – 24 | 25 – 34 | 35 – 44 | 45 – 54 | 55 – 64 |
% | 11% | 13,3% | 8,4% | 5,7% | 3% |
Es ist bemerkenswert, dass sich der Anteil der jüngeren Altersgruppe seit 2017 verdreifacht hat (von 3,4 %). Der Anteil in dieser Altersgruppe ist in den USA oder den Niederlanden mit 24,1 % bzw. 23,3 % am höchsten.
Anhaltende Ungleichheit zwischen den Geschlechtern:
Auf der anderen Seite gibt es nach wie vor eine deutliche Kluft zwischen den Geschlechtern. Die Unternehmensgründungsrate für Frauen liegt bei 5,9 % und für Männer bei 9,3 %. Diese Diskrepanz ist weltweit in fast allen analysierten Ländern Jahr für Jahr vorhanden (Ausnahmen im Jahr 2023: Ecuador, Thailand, Kolumbien, China und Litauen, das einzige Land mit hohem Einkommen).
Image by rawpixel.com on Freepik
Starke Gründungsaktivität unter Zuwanderern
Personen mit Migrationshintergrund sind mit einer Quote von 12,6 % deutlich gründungsfreudiger als die einheimische Bevölkerung. Diese Gruppe zeichnet sich auch durch eine besonders junge Altersstruktur aus (56,4 % sind zwischen 18 und 34 Jahre alt), was ihre Bedeutung für die Zukunft des Unternehmertums in Deutschland unterstreicht.
Umweltbewusstsein als wirtschaftlicher Vorteil
Für mehr als 70 % der neuen und etablierten Unternehmer in Deutschland ist Nachhaltigkeit ein wichtiger Aspekt ihrer Geschäftstätigkeit. Gründer sehen in der Berücksichtigung von Umweltaspekten klare wirtschaftliche Vorteile, z.B. in Form von höheren Umsätzen und höheren Gewinnen, was die wachsende Bedeutung nachhaltiger Geschäftsmodelle unterstreicht.
Motive für eine Unternehmensgründung
Die Gründe für die Gründung eines Unternehmens variieren je nach demografischen Faktoren wie Alter, Geschlecht und Migrationshintergrund. Im Allgemeinen sind die Menschen in Deutschland aus den folgenden Gründen motiviert, ein Unternehmen zu gründen:
- Chancen wahrnehmen: Viele Gründerinnen und Gründer sehen eine Marktchance und wollen diese nutzen, um innovative Produkte oder Dienstleistungen anzubieten.
- Unabhängigkeit und Selbstverwirklichung: Ein weiterer wichtiger Grund ist der Wunsch nach Unabhängigkeit, d.h. das Streben nach Selbstverwirklichung und Kontrolle über die eigene berufliche Zukunft.
- Verbesserung der finanziellen Situation: Manche Menschen gründen ein Unternehmen, um ihre finanzielle Situation zu verbessern und potenziell mehr Geld zu verdienen.
- Mangel an Alternativen: Manche Menschen gründen ein Unternehmen aus der Not heraus, z. B. wenn es auf dem Arbeitsmarkt keine geeigneten Beschäftigungsmöglichkeiten gibt.
- Familientradition oder Einfluss: In einigen Fällen beeinflusst auch die Familientradition oder der Einfluss lokaler Unternehmer die Entscheidung, ein eigenes Unternehmen zu gründen.
Image by rawpixel.com on Freepik
Schlussfolgerungen:
Nach dieser kurzen Zusammenfassung des GEM-Berichts können wir feststellen, dass Deutschland, obwohl es ein hoch industrialisiertes Land ist, kein traditionell Land der Entrepreneure ist.
Es ist zwar eine zunehmende unternehmerische Aktivität festzustellen, aber sie liegt immer noch weit unter dem Niveau von Ländern mit hohen Gründungsraten.
Die großen Herausforderungen und Hindernisse bei der Gründung eines Unternehmens in Deutschland könnten das Unternehmertum bremsen, insbesondere in den Generationen, die mit der Bürokratie in Deutschland vertrauter sind und daher nicht bereit sind, sich mit diesen Hindernissen auseinanderzusetzen.
Es ist klar, dass die jüngere Generation eher bereit ist, sich neuen Herausforderungen zu stellen. Motivationen wie Unabhängigkeit, Selbstverwirklichung und finanzielle Verbesserung könnten diese Gruppe beeinflussen.
Die Tatsache, dass mehr als 70 % der Unternehmen der Nachhaltigkeit Bedeutung beimessen, könnte Deutschland zu einem unternehmerischeren Land machen, indem es nach Geschäftslösungen sucht, die zur Optimierung der natürlichen Ressourcen beitragen.
Insgesamt lässt sich sagen, dass Deutschland auf dem Weg ist, ein unternehmerischeres Land zu werden, aber es gibt noch Raum für Verbesserungen, insbesondere im Vergleich zu traditionellen Ländern der Entrepreneure.
Geschrieben von Mónica Valcárcel
Quelle: https://www.rkw-kompetenzzentrum.de
Titelbild: Image by rawpixel.com on Freepik